Der Mord an einer britischen Studentin im italienischen Siena hält die Öffentlichkeit in Atem – täglich richten sich die Augen der Welt auf den kontroversen Prozess gegen die attraktive Amerikanerin Jessica Fuller, die ihre Mitbewohnerin mit Hilfe ihres Freundes umgebracht haben soll. Der junge Regisseur Thomas Lang ist überzeugt, seinen nächsten Filmstoff gefunden zu haben. Vor Ort trifft er sich mit der Journalistin Simone Ford, die den Prozess mitverfolgt und ein Buch über das Verbrechen geschrieben hat. Doch je mehr sich Thomas in den Fall vertieft, desto mehr verliert er sich darin. Er hinterfragt seine eigenen Motive und verliert das Vertrauen in sich und sein Können – bis ihm auf den Straßen die Studentin Melanie begegnet.
Obwohl dieser Film fraglos von den realen Umständen rund um den nach wie vor ungeklärten Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher im italienischen Perugia im November 2007 inspiriert ist, handelt es sich bei Michael Winterbottoms DIE AUGEN DES ENGELS in keiner Weise um einen Krimi oder eine Nacherzählung. Der Film befasst sich nicht mit Schuld und Schuldzuweisungen. Vielmehr ist es der Versuch, sich mit den Folgen eines so schockierenden und gewalttätigen Verbrechens auseinander zu setzen.
Es ist eine Geschichte über Geschichten. Die Geschichten der Familien, die einen geliebten Menschen verloren haben. Die Geschichten der Medien und die komplexe Vielfalt von Erzählsträngen, die an einer solchen Tragödie haften. Geschichten, die ein Urteil fällen, Geschichten, die nachfühlen lassen, Geschichten, die Hypothesen anstellen, Geschichten, die behaupten, mehr zu wissen. Geschichten über uns: Menschen, die es gewohnt sind, dass gewalttätige Verbrechen wie Seifenopern behandelt werden – in den Nachrichten, in der Literatur, im Kino, im Drama und in der Musik.
Vor allem aber ist es ein Film, der versucht, die Geschichte zu erzählen, die meistens unterschlagen wird: die Geschichte des Opfers.
Regie: Michael Winterbottom / Drehbuch: Paul Viragh / Kamera: Hubert Taczanowski / Schnitt: Marc Richardson / Musik: Harry Escott / Ton: Matteo Olivari, Robert Farr, Ulf Olausson, Joakim Sundström / Ausstattung: Carly Reddin / Kostüm: Daniela Clancio / Produktion: BBC Films, Cattleya, Multitrade, Revolution Films, Vedette Finance, Ypsilon Films / Produzenten: Melissa Parmenter / Mit: Daniel Brühl, Kate Beckinsale, Valerio Mastandrea, Cara Delevingne, Ava Acres, Genevieve Gaunt, Sai Bennett, Ranieri Meniconi, Andrea Tidona, Peter Sullivan
Großbritannien/Italien/Spanien 2014 / 103 Minuten / DF, OF, OmU